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Von Jamaika nach Simbabwe (DEZ 17)

im Nov. 2017

Liebe Freunde des politischen Kabaretts, wer jemals in der Karibik war, weiß, dass Jamaika mitten im Hurricangebiet liegt. Und wer da kein festes Fundament hat, den verwandelt das Sturmtief Lindner in einen Trümmerhaufen.  Interessant dabei ist, dass drei von vier Parteien unisono behaupten, man habe sich bei den Sondierungsgesprächen auf einem guten Wege zur Lösung befunden, und eine Partei sagt, dass das ein Märchen sei.
Da stellt sich doch die Frage, welche von diesen Parteien eine Wahrnehmungsstörung aufweist. Und wer dann aber den Aussagen eines Wolfgang Kubicki bei Sandra Maischberger lauschen durfte, könnte die Antwort bereits ahnen. Legte doch Kubicki dort eine Artikulation hin, die an Harald Juhnke in seinen besten Zeiten erinnerte. Fast schon habe ich erwartet, dass Kubicki sich die Gummimaske vom Gesicht herunter reißt, und Weinkönigin Rainer Brüderle kommt zum Vorschein.
Und natürlich bin auch auch ich froh, dass die SPD gegen eine erneute große Koalition ist, weil eine große Koalition eine lautstarke Opposition verhindert, was die Bräsigkeit im Lande fördert, und damit den rechten Rand stärkt. Aber dass es inzwischen so weit gekommen ist, dass ich mal führenden SPD-Politikern zustimmen muss, zeigt, wie ernst die Lage ist. Und natürlich frage auch ich mich, warum man es denn nicht mal mit einer Minderheitenregierung probieren sollte. Aber die Gründe dagegen liegen klar auf der Hand.
Zum einen müsste Angela Merkel für jedes Anliegen stets eine neue Mehrheit organisieren, und das würde ja bedeuten, dass unsere Abgeordneten den Redebeiträgen bei Debatten zuhören, und auf das Gesagte mit Gegenargumenten eingehen müssten. Und das ist in einer parlamentarischen Demokratie nun aber wirklich zu viel verlangt. Und vor allem aber wüssten die Lobbyisten ohne feststehende Mehrheit doch gar nicht, welche Partei sie jeweils vorab für ihr Anliegen bestech.. äh umwerben müssten. Und dann stünden diese Lobbyisten ja da, wo sie eigentlich auch hingehörten, nämlich dumm rum. Und spätestens damit ist klar, warum es nie dazu kommen wird. Und natürlich bin auch ich gegen Neuwahlen, denn das heißt, dass alle Parteien womöglich genau so abschneiden, wie bei ersten mal. Und das heißt, dass dann das ganze Geschacher von vorne los geht. Und deswegen frage ich mich, ob ich eigentlich der einzige bin, der im Mathematikunterricht aufgepasst hat, oder warum man eine ganz andere mögliche Koalition von Anfang an gar nicht erst in Betracht zieht. Für eine Mehrheit braucht man nämlich aktuell im Bundestag 355 Stimmen, und wenn die FDP keinen Bock auf Angela Merkel und ihre Union hat, warum probiert sie es denn nicht in einer Koalition mit SPD, Grünen und Linkspartei? Die kämen auf insgesamt 369 Stimmen, und anderes als bei Jamaika, wären hier nicht die Grünen der bunte Underdog, sondern in dieser Konstellation wäre die FDP die Partei, der die anderen Honig ums Maul schmieren und Zucker in den Arsch blasen müsste. Also eine Koalition aus Rot-Grün-Gelb und Rot. Und würde man die nennen? Simbabwe. Und was das bringen würde, kann man sich grade aktuell in den Nachrichten angucken. Eine stabile Regierung, die über 30 Jahre hält, bis Christian Lindner so weit ist, den Putsch zu wagen.

       

lutz

Lieber Butzko, Du sprichst mir wie immer aus der Seele. Die SPD hat die größten erluste hinnehmen müssen, als sie nach oder vor der Saarlandwahl plötzlich den Kontakt zu den Linken abgebrochen. Wär ja auch noch schöner: SPD und Linke, das geht ja garnicht. Es ist schon ein trauriger Haufen da in Berlin. Direkt nach dem Jamaikadesaster habe ich gesagt, die so9llen über Diätenerhöhung und Parlamentsvergrößerung diskutieren. Sie sind dann bestimmt in 5 min fertig. Ist ja dann auch so gekommen. Beim echte Kabarett weiß ich wenigstens, worüber ich lache. Mach weiter so.
L.Hartmann

N. Bonengel

Lieber HG, hast wie immer die Lage brillant kommentiert!
Und trotz des utopischen Charakters - eine Minderheitsregierung wäre die einzig wirklich demokratische Option; ist schließlich im Grundgesetzes explizit vorgesehen und hat sich in anderen Ländern als praktikabel erwiesen.

Regieren mit wechselnden Mehrheiten ermöglicht echte Debatten und ggf. gar mal aufkeimendes Gewissen bei mehr Abgeordneten? Also dann vielleicht mal zur Abwechslung verünftige Entscheidungen im BT zugunsten der Bürger anstatt nur Abnicken der Vorgaben des Großkapitals?

Man wird ja noch mal träumen dürfen...

LG
Nicky

Thomas Meid

In Wochen endloser Gesprächsrunden musste ich mir immer wieder klar machen, dass es nur Sondierungen gewesen sind. Mal gucken, ob was geht und dann mal sehen ...
Der Balkon, auf dem sich die Herrschaften gelegentlich gezeigt haben, hat mich hin und wieder an die Papstwahl erinnert. Wie gern hätte Frau Merkel dort "Wir haben wieder eine Mutti" verkündet.
Wenn es nicht so traurig wäre ...

Thomas Meid

Edward Schmiedt

Eine richtungsweisende Glosse. Dann könnte die SPD endlich wieder sozial werden, sofern sie die Angst ablegt vor der Linkspartei.

Edward