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Warum auch nicht (Zugabe: Butzunion)

im Okt. 2003

Wer erinnert sich denn noch, wie es mal losgegangen ist
irgendwann und irgendwie - da fängts wohl einfach an
eben hat man noch ganz unschuldig im Sandkasten gespielt
und auf einmal findet man sich wieder
in dem Kreislauf einer Hetze, eins zwei drei,
und hängt ganz plötzlich wie magnetisch dran

Anfangs wollte man nur haben, was das Leben wirklich braucht:
bißchen Nahrung, Luft und Wärme - alles andre wär Betrug
ganz natürlich war das Wissen, was man nimmt und was man läßt
und auf einmal kamen diese Leute
mit Bonbons und Schokolade, und man will
es haben, immer mehr, und nie genug

Und ganz plötzlich haut man ständig sich mal Süßigkeiten rein
eine Sahnetortenschlacht - und dann ne Zigarette
hinterher noch einen Mokka, und ein Schnäpschen obendrauf
und zwar täglich, täglich, täglich und am
Abend ein paar Bierchen, daß man bettschwer wird
und selig, und zur Nacht noch ne Tablette

Aber wie mans dreht und wendet und auch meint, man wär schon voll
mit Genuß und Chemikalien - dann muß was neues her
und so geht man aus dem Haus und wirft das Geld zum Fenster raus
kommt in Kaufrausch und macht Beute mit Kla-
motten und mit Zeug und mit Materie
beladen, und belastet sich noch mehr

Und so sammelt sich zusammen, was so scheinbar glücklich macht
ob mans braucht oder auch nicht - die Hauptsache, man hats
obs CDs, oder obs Bücher, obs Computerspiele sind
immer volle Pulle Ablenkung und
Entertainment satt, und den Rest des Ta-
ges nimmt man noch im Fernsehsessel platz

Doch dann spürt man hin und wieder diese Menschlichkeit in sich
im genitalischen Bereich - also übt man den Verzicht?
Oder hat sich einen Klammerpartneraffen zugelegt ?
Doch es treibt und treibt und treibt, und das im
Zeitalter von Aids, jagt man Orgasmen hin-
terher, allein, befriedigt ist man nicht

Und danach hält man es wieder mit sich selber nicht mehr aus
krallt das nächste Telefon - und labert sich eins ab
stundenlang nur ja nicht einsam, und mit wem, ist doch egal
heiße Stories, tolle Neuigkeiten,
Lügen und Gerüchte, man kann mitreden
und hält sich auf dem laufenden auf Trab

Und wem das noch zu behäbig ist, der findet einen Sport
und ackert sich eins heiß - mit Schaum vor dem Mund
nur, wenns weh tut, kann man sicher sein, daß man noch existiert
also bildet man den Body, stemmt Ge-
wichte, schwimmt und radelt, rennt und rudert, quält
und foltert sich, und fühlt sich so gesund

Und weil alles so viel Kohle kostet, muß man flüssig sein
am besten ohne Aufwand - aber immer gut bei Kasse
darum zockt man auf der Rennbahn und am Geldspielautomat
wettet Lotto Toto Glücksspirale
rubbelt ständig Lose blank, und steht am En-
de ohne Pfennig wieder auf der Gasse

Wieder andere, die geben sich mit Arbeiten den Rausch
paaren Streß mit Euphorie - Karriere im Visier
Lesen, Lernen und Studieren, um sich Wissen einzufahrn
und dann jobbt man und malocht man, stets kon-
form und angepaßt in einer Bank oder
Partei sich hoch, und wird ein großes Tier

Denn von allem Streben auf der Welt ist dies ultimativ
nur mit Macht hat man das Sagen - deshalb ist sie so begehrt
ob als Kanzler oder Hausmeister man Wichtigkeit erlangt
man darf Rechthaben, Zurückweisen, Ge-
währen, sich in Pose setzen, alles fest
im Griff behalten und wird sehr verehrt

Und auch jene, die sie meiden, diese Kick - Maschinerie
sind bisweilen nahe dran - auch auf einem Trip zu sein
beharrlich zu entsagen ist die Hintertür der Gier
wer fast klösterlich Askese lebt, nur
Müsli frißt und fastet, meditiert bis zum
Erleuchtungszwang, den holt es meistens wieder ein.

So gibts tausende Verhaltensweisen, so darf Leben sein
so normal und so erlaubt - und so stehts allen frei
und ein paar wenige verleiben sich noch illegales ein
schlucken, spritzen, schnupfen, sniefen,
werfen Tickets, bauen Joints, machen locker, fahren ab,
werden stoned oder high.

Und das alles zu verbieten, hat noch nichts davon gestoppt
Denn irgendwie ist fast ein jeder auch ein bißchen auf was drauf,
und ich frag ja nur: Warum auch nicht?
Wenn doch eines ganz gewiß ist, letzten-
endes, wie auch immer, hört ein jeder, ganz
von selber auch mal wieder damit auf

Befindet man sich unten oder oben,
Ob befangen oder abgehoben,
aufgebläht, ob abgespeckt
Ob rein triebhaft
oder mit intellektuellem Überbau,
egal welcher Spirale, welchem Kreislauf,
welchem Strudel, welcher Mechanik man sich ausgeliefert,
welches Perpetuum Mobile
man in der Seele sitzen hat, letzten-
endes, wie auch immer, hört ein jeder, ganz
von selber doch auch wieder damit auf.